Page 16 - 35 Jahre Quedlinburger Musiksommer
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Schulchor konnte er sich für die kirchenmusikalischen  (1. Weihnachtsfeiertag) – waren Arno Bartel und ich die
                           Veranstaltungen nicht mehr stützen, einzelne Schüler  einzigen Männerstimmen, denn Weihnachts zeit ist die Ver-
                           sangen aber in beiden Chören. Er schrieb in seinen  wandten-Besuchszeit.«  (16)
                           Erinnerungen: »Das Bach-Jahr 1950 brachte uns die  Dennoch blieb er ständig bemüht, in der Stiftskirche
                           Erkenntnis unserer eigentlichen Choraufgabe im sonn -  mit Abendmusiken und mit Chorkonzerten die »Musica
                           täglich liturgischen Dienst in den Gottesdiensten der  sacra« lebendig zu erhalten. Nachdem 1945 die Röver-
                           Gemeinde, im Halleluja-Spruch und im Wochenlied. Das  Orgel wieder spielbar hergerichtet worden war, kam es
                           war nicht leicht, Sonntag für Sonntag, und Donners tag  zu einem Aufschwung für die Stiftskirchenmusik. Zwi -
                           Abend war Chor, und das  Wochenlied im Satz der  schen 1946 und 1948 gab es jährlich drei Orgelabende,
                           Bärenreiter ausgabe wurde unser ständiger Begleiter. Wie oft  auf den Domterrassen offenes Abendsingen, 1948 eine
                           habe ich nur mit wenigen Stimmen im Chor die Pflicht  Klopstock-Ehrung. Die Kirchenmusiken des Chores
                           durchgestanden, und in der Christmette morgens um 6 Uhr  wurden mit Werken von Bach, Schubert, Händel u. a.
                                                                   gestaltet. Häufig wurden auswärtige Solisten und
                                                                   Orches termitglieder engagiert. Propst Hildebrandt, der
                                                                   später beim Orgelbau helfend zur Seite stand, war auch
                                                                   an Kopfs Seite, wenn es nötig war.
                                                                    Nach dem Deckeneinbruch 1949 setzten in der
                                                                   Stifts kirche wieder Bauarbeiten ein. Das Musikleben
                                                                   wurde bis 1952 in die anderen Stadtkirchen verlagert,
                                                                   insbesondere in die Blasiikirche. Für 1956 gibt Walter
                                                                   Kopf 11 Kirchenmusiken an, auch wieder mit Betei -
                                                                   ligten aus Ost und West. Die Abwanderung nach dem
                                                                   Westen und die fehlende Orgel von 1956 bis 1971
                                                                   waren für ihn und den Organisten ein schwer zu ertra-
                                                                   gendes Hemmnis.
                                                                    Insgesamt zählt er bilanzierend neben 18 Bachkan-
                                                                   taten 34 weitere Chorwerke, Kantaten und Passionen
                                                                   auf. Als Kopf 1972 in den Ruhestand ging, hatte sich
                                                                   bereits an anderer Stelle ein neues aktives Musikleben
                                                                   entwickelt. Carl Künne, als Kirchenmusiker für die
                                                                   Nikolaigemeinde ab 1951 angestellt, baute unverzüglich
                                                                   nach Amtsantritt seine »Kantorei St. Nikolai« auf, gab
                                                                   Orgelkonzerte und organisierte größere Konzerte mit
                                                                   Instrumentalisten aus Orchestern, die als »Privatperso-
                                                                   nen« mitwirkten. Arno Bartel, der befreundete Domor-
                                                                   ganist, war auch hier immer zur Stelle, wenn in
                                                                   Konzerten Cembalo- oder Orgelbegleitung erforderlich
                                                                   waren. Sie gaben gemeinsame Konzerte auch in der Jo-
                                                                   hanniskirche und außerhalb von Quedlinburg. Beider
                                                                   Tätigkeit lässt sich nachträglich nicht mehr so konkret
                                                                   rekonstruieren, wie es  Walter Kopf selbst für seine
                                                                   Tätigkeit niedergeschrieben hatte.
                                                                    Ernst Kiehl hat nicht nur Carl Künnes Leben aus-
                                                                   führlich beschrieben, sondern auch die wesentlichen
                                                                   Konzerte in seiner Aufstellung über die Konzerttätigkeit
                                                                   erfasst .  (13)  Die  Wiedergabe erfolgt hier mit seiner
       Programm der »Stunde der                                    freund lichen Genehmigung.
       Kirchenmusik« 1955 mit
       10 Konzerten in Quedlinburgs
       Kirchen  (1)                                                Außer den Passionen und Oratorien zählt Ernst
                                                                   Kiehl noch weitere wichtige Ereignisse auf:





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